Gift
von Lot Vekemans. Stadttheater Bremerhaven.
„Regisseur Karademir lässt die zwei wie in einer Versuchsanordnung aufeinanderprallen. Immer und immer wieder. Die Zuschauer blicken wie mit dem Vergrößerungsglas auf diese Unglücklichen, sehen die kleinsten Verwerfungen, die Verbitterungen, den Zorn, den Schmerz und die Trauer. [.] Das liegt natürlich auch an den beiden guten Schauspielern. Ach, was sage ich, gut ist wirklich untertrieben, Henning Bäcker und Ulrike Fischer sind einfach herausragend. Sie machen sogar die Stille zum Erlebnis. Grossartiger Theaterabend.“
von Anne Stürzer, Nordsee-Zeitung, 5. März 2023
„Am Ende gelingt der Frau (Ulrike Fischer) und dem Mann (Henning Bäcker) eine zarte Annäherung in dem Schauspiel „Gift“, das im Kleinen Haus auf starke Bilder setzt.
Sie sind fast nackt, als wir ihnen das erste Mal begegnen. Ihre Körper übersät mit Spuren, die Haut überall schwärzlich verfärbt. Im Gesicht, an den Armen, Händen und Beinen tragen sie ihr Brandzeichen. Sie sind buchstäblich gezeichnet von dem traumatischen Erlebnis, über das sie beide nicht hinwegkommen: Ihr kleiner Sohn ist vor zehn Jahren bei einem Unfall gestorben.
Als das giftige Spiel dann losgeht im Kleinen Haus des Theaters, streifen sie sich ihre Schutzanzüge über, damit die Narben nicht ganz so sichtbar sind. Ihre Hände hinterlassen bald dunkle Abdrücke auf ihren Jacken, Hosen und Hemden – ganz so einfach ist das Verstecken, Verdrängen des Schmerzes eben nicht. Auch die anfangs blitzblanken Wände sehen bald nicht mehr ganz so blitzblank aus. Regisseur Barish Karademir und sein Team untermalen das Drama der verlorenen Liebe und des verlorenen Kindes, das die niederländische Autorin Lot Vekemans in ihrem 2009 geschriebenen Kammerspiel „Gift“ entwirft, nicht mit realistischen Bildern. Sie öffnen den Raum für viele Assoziationen.
Die Videos von Alexander Joppe und Petra Pauch betten die individuelle in eine universelle Geschichte ein. So sehen wir Menschen, die in den Städten aneinander vorbeihasten, ohne sich wahrzunehmen – darin gleichen sie unserem Paar auf der Bühne.“